Winterpflichten

 

Schon ein durch­schnittlicher Winter in Deutsch­land sorge dafür, dass sich die Ge­richte in vielen Fällen um die Folgen von Schnee und Glatteis kümmern müssten. Es gehe um Schmerzensgeld und Schaden­ersatzansprüche. Die Folge der Prozessflut: Fast alles zum The­ma Schneefegen sei bereits von Richtern geregelt worden. Selbst der Bundesgerichtshof habe sich schon mit dem Thema be­schäftigen müssen. Mieter, Vermieter und Eigenheimbesitzer seien gut beraten, wenn sie ihre Rechte und Pflichten kennen.

 

Schnee und Glatteis zu beseitigen sei zwar auf öffentlichen Wegen zunächst Aufgabe der Städte und Gemeinden. Im Allgemei­nen sei es aber so, dass die Ver­pflichtung zur Räumung der Bürgersteige an die Hauseigen­tümer weitergegeben werde, sage Jürgen Michael Schick vom Immobilien Verband Deutsch­land (IVD). Die Hauseigentümer könnten ihre Pflichten an die Mieter weiterreichen, allerdings nur, wenn entsprechende Rege­lungen im Mietvertrag oder der Hausordnung getroffen worden seien. Sonst müsse sich der Vermieter um das Schneefegen kümmern oder eine Firma beauftragen. Eine entsprechende nachträgli­che Änderung des Mietvertrages ohne Zustimmung der Mieter sei unwirksam (OLG Frankfurt, Aktenzeichen: 16 U 123/87).

 

Wer in der Pflicht sei, müsse früh raus. Von morgens sieben Uhr bis abends 20 Uhr müsse Schnee geschippt oder gestreut werden. Die Winterpflichten bezögen sich dabei vor allem auf den Bürgersteig vor dem Haus, aber auch auf die Hauseingänge oder den Weg zu den Mülltonnen be­ziehungsweise zu den Stellplät­zen. Die Bürgersteige seien auf einer Breite zu räumen, so dass zwei Fußgänger problemlos an­einander vorbei kämen. Zwi­schen 80 bis 120 Zentimeter rei­chten dafür aus, habe das Oberlandesgericht Bamberg (Aktenzeichen: 5 U 46/75) geurteilt. Bei Seitenwe­gen, die zu einem Privatgrund­stück führten, könnten sogar 50 Zentimeter ausreichen (OLG Frankfurt, Aktenzeichen: 23 U 150/00).

 

Während eines andauernden und starken Schneefalls müsse nicht fortlaufend gestreut und gefegt werden, hätten die Richter des Bundesgerichtshofes geurteilt, allerdings mit der Einschränkung: Je nach Witterungsverhältnis­sen müsse im Laufe eines Tages auch mehrfach gefegt und ge­streut werden (BGH, Aktenzeichen: VI ZR 49/83). Blitzeis erfordere dage­gen rasches Handeln. Notfalls müssten die Wege mehrmals mit rutschhemmendem Material ge­streut werden. Innerhalb von 40 Minuten nach Ende des Nieder­schlages müssten die Wege abge­streut werden (OLG Schleswig, Aktenzeichen: 24 U 14/2000).

 

Mit der Übertragung der Räumpflichten auf die Mieter oder einen Dienstleister sei der Vermieter aber nicht aus der Pflicht entlassen. Er trage wei­terhin selbst die Verantwortung und hafte im Ernstfall für den entstandenen Schaden, sage der Rechtsanwalt und Hausverwalter Uwe Löhlein. Der Vermieter müsse nämlich überwachen, ob die Mieter ihre Pflichten ordnungsgemäß erfüllten (OLG Köln, Aktenzeichen: 19U37795). Beauftrage der Vermieter ei­nen Dienstleister, könnten die Kosten auf die Mieter umgelegt werden. Als Maßstab für die Umlage gelte in der Regel die Wohn­fläche. Allerdings müsse dazu eine Regelung im Mietvertrag oder ein Verweis auf die Berech­nungsverordnung für Betriebs­kostenarten erfolgen. Ein Ver­mieter dürfe auch die Anschaf­fungskosten einer Schneeräummaschine dann auf die Mieter umlegen, wenn sie für die Größe des Grundstücks rentabel sei und sich die Kosten nach drei Jahren amortisiert hätten (AG Schöne­berg, Aktenzeichen: 6 C 206/00).

 

Bei einer selbstgenutzten Im­mobilie müsse der Eigentümer für die Räumung des Gehweges nach den oben genannten Grundsätzen sorgen. Das gelte auch für Gemeinschaftsflächen bei Reihenhausgrundstücken.

 

Die meisten Gerichte gingen übrigens davon aus, dass Urlaub, Krankheit oder Beschwerden im Alter kein Grund seien, die Räum- und Streupflichten nicht zu er­füllen. Sei die Pflicht per Mietvertrag übernommen worden, habe der Mieter für eine Vertretung zu sorgen (OLG Köln, Aktenzeichen: 26 U 44/ 94). Wichtig sei daher auch eine private Haftpflichtversicherung, um in einem Unglücksfall Scha­denersatzansprüche nicht selbst bezahlen zu müssen. Diese ist natürlich auch für Eigentümer empfehlenswert.

 

(Inhaltliche Quelle Hamburger Abendblatt)